Dienstnehmer haben auch im Krankenstand bestimmte Pflichten. Neben der allseits bekannten Pflicht, den Krankenstand dem Dienstgeber unverzüglich zu melden und die Genesung durch nichts zu verzögern, hat der Oberste Gerichtshof noch etwas klargestellt…

Dienstnehmer sind im Krankenstand unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, dem Dienstgeber für Auskünfte zur Verfügung zu stehen.

Grundsätzlich ist die Kontaktaufnahme durch den Dienstgeber auch bei Krankenstand des Dienstnehmers im Einzelfall zulässig und darf von diesem nicht ignoriert werden, wenn durch die Kontaktaufnahme der Genesungsprozess nicht beeinträchtigt wird. Hier treffen zwei Prinzipien des Arbeitsrechts aufeinander – einerseits die Treuepflicht des Dienstnehmers und die daraus abgeleitete Verpflichtung, die Interessen des Dienstgebers zu wahren und andererseits die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, das Leben und die Gesundheit des Dienstnehmers zu schützen. Es kommt zu einer Interessensabwägung.

Je höher der drohende Schaden für den Dienstgeber wäre, desto mehr ist der Dienstnehmer verpflichtet, auch im Krankenstand mit seinem Dienstgeber in Kontakt zu treten.

Wenn Anrufe des Dienstgebers vom Dienstnehmer ignoriert oder Auskünfte verweigert werden, obwohl die Kontaktaufnahme keine Gefährdung der Genesung darstellt und der Dienstgeber auf die besonders schwerwiegenden Folgen der Kontakt-/Auskunftsverweigerung für ihn hingewiesen hat, kann dies im Einzelfall bis zur fristlosen Entlassung des Dienstnehmers führen.

Es gibt aber auch Grenzen für die Erreichbarkeit. Dienstnehmer sind nicht verpflichtet, im Krankenstand an der Arbeitsstätte zu einer Besprechung zu erscheinen. Im Einzelfall könnte allerdings ein Telefonat bzw. die telefonische Teilnahme an einer Besprechung zumutbar sein. Der Dienstgeber ist aufgrund seiner Fürsorgepflicht angehalten, das jeweils für den Dienstnehmer gelindeste Mittel zu wählen, um allenfalls an eine wichtige Information heranzukommen. Der Dienstgeber darf die Treuepflicht des Dienstnehmers nicht überstrapazieren.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Krankenstand grundsätzlich und in erster Linie der Genesung dient; allerdings sollten Dienstnehmer insbesondere auf wiederholte Kontaktversuche des Dienstgebers – die einen Notfall vermuten lassen – reagieren. Natürlich kommt es immer auf den Einzelfall und die Zumutbarkeit an. Dienstgeber wiederum sollten Kontaktaufnahmen auf Notfälle beschränken, um den Genesungsprozess beim Dienstnehmer nicht hinauszuzögern.