So schaffen Sie das verflixte 3. Jahr – und nicht umgekehrt

Das ist so wie mit Weihnachten. Man weiß, dass es kommt und auch, wann es so weit sein wird aber dennoch: Es ist unglaublich, wie viele Menschen das immer wieder völlig aus der Bahn wirft. Dabei könnte in weiser Voraussicht alles in Ruhe arrangiert werden. Lesen Sie hier, auf was Praxisgründer vorbereitet sein müssen, damit es keine unliebsamen Überraschungen gibt:

Damoklesschwert Sozialversicherung (SVA)

In den ersten drei Jahren werden in der Regel nur die Mindestbeiträge vorgeschrieben. Diese gelten aber nur vorläufig. Und nach drei Jahren kommt dann die erste Berechnung anhand der reellen Zahlen. Dabei wird nun der tatsächliche Gewinn zu Grunde gelegt, was bei guter Geschäftslage folglich zu höheren Nachzahlungen führt. Gleichzeitig werden die laufenden Beiträge von den Mindestwerten an das tatsächlichen Niveau des drittvorangegangenen Jahres angepasst. Im Ergebnis bedeutet das, dass Sie im Jahr 4 fast die vollen Beiträge für gleichzeitig 2 Jahre zu tragen haben. Da erreicht die SVA-Gesamtbelastung bei konstanter Ertragslage dann mitunter mehr als 1/3 des Jahresgewinnes. Dazu kommen noch Steuern und Kreditrückzahlungen. Wer hier nicht Vorsorge getroffen hat, der kommt zwangsläufig ins Schleudern.

Beispiel:
Das Beispiel zeigt einen Praxisgründer, der 2014 gestartet ist und bereits im ersten Jahr so erfolgreich war, dass sein Gewinn 70.000 Euro erreichte und somit schon über der Höchstbemessungsgrundlage zur Sozialversicherung gekommen ist. In den ersten drei Jahren wurden lediglich die Mindestbeiträge vorgeschrieben.

Im Jahr 2017 zeigt sich dann die Realität: Die Vorschreibung wird gemäß dem Steuerbescheid 2014 (70.000 Euro Gewinn) entsprechend angepasst und sieht wie folgt aus:

Sozialversicherungsbeiträge 2017              Bemessungsgrundlage in € Beiträge
in €
Aktuelle Bemessung 2017 von der Höchstbemessungsgrundlage 69.450    13.995
Nachbemessung für 2014   11.032
Vorgeschriebene Beiträge 2017 gesamt                    25.027

Damit gehen  2017 von einem  70.000-Euro-Einkommen allein rund 25.000 Euro an die SVA. Das sind 35% des Einkommens. Die Gesamtbelastung wird zwar auf 4 Raten aufgeteilt, aber das sind pro Quartal immer noch rd. 6.250 Euro, die aufgebracht werden müssen.

Erste satte Steuervorschreibung im Jahr 3

Damit ist aber noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht, denn auch die Finanz will ihren Obolus. Hier dauert es zwar nicht ganz so lange, bis der Tag der Wahrheit kommt, aber das Prozedere ist ähnlich gefährlich: In den ersten 2 Jahren belaufen sich die Steuerzahlungen auf Null und dann kommt die erste Nachzahlung plus gleichzeitig eine noch höhere Aktontierung für das laufende Jahr. Wenn wir bei obigem Beispiel mit einem steuerpflichtigen Gewinn von 70.000 bleiben, so resultiert daraus eine Einkommensteuerbelastung in Höhe von rd. 20.000 Euro. Diese wird bei einer Gründung im Jahr 2014 spätestens Anfang 2016 vorgeschrieben. Ebenso im Jahr 2016 kommt zur erstmaligen Einhebung von Einkommensteuervorauszahlungen für das aktuelle Jahr auf Basis des Jahres 2014 von weiteren 20.000 plus einem 9%igen Zuschlag. D.h. der Unternehmer muss im Jahr 2016 über 40.000 Euro allein für die Finanz berappen.

Steuer & SVA zusammen – kaum auszuhalten

Nach dem dritten Jahr, in unserem Beispiel also im Jahr 2017 treffen Steuer und Sozialversicherung jeweils mit der doppelten Belastung (für 2 Jahre) zusammen. Jetzt kommt zu den regulären Einkommensteuervorauszahlungen für das aktuelle Jahr die Steuernachzahlung für das zweite Jahr  sowie auch die Belastungen aus den Beiträgen zur Sozialversicherung, wie oben dargestellt, hinzu. In unserem Beispiel heißt das nun also ca. 40.000 Euro Steuern plus rd. 25.000 Euro Sozialversicherung. Damit muss unser Arzt in dem Beispielfall im Jahr 2017 dann plötzlich in Summe rd. 65.000,- Euro auf den Tisch legen. Das sind bei gleich beliebender Geschäftslage 100% seines Jahresgewinnes! Gibt es keine Rücklagen aus den Vorjahren, dann heißt es hier nun erst mal Schach matt.

Aber so weit muss es nicht kommen. Erfolg ist planbar:

Gewinnplanung & Steuerregulierung

Wir empfehlen gegen Ende des ersten Jahres eine professionelle Zwischengewinnermittlung und Jahreshochrechnung. Verlangen Sie von Ihrem Steuerberater konkrete Handlungsempfehlungen zur optimalen Steuer- und Abgabenplanung. Ebenso sollten Maßnahmen zur Gewinnverschiebung ins Kalkül gezogen werden. So können Sie sich bereits über ein Jahr im Vorhinein auf Steuer- und Sozialversicherungsnachzahlungen vorbereiten.

Zudem benötigen Sie die Hochrechnung für Ihre Disposition zur Ausschöpfung des Gewinnfreibetrages. Sie können nämlich bis zu 13% des Gewinnes vollkommen steuerfrei lukrieren, wenn in dieser Höhe bestimmte Investitionen getätigt werden bzw. Wertpapiere gekauft werden. Allerdings muss das noch vor Ende des jeweiligen Jahres passieren.

Ein weiterer Grund für eine zeitige Hochrechnung ist, dass die Finanz im Falle einer Nachzahlung ab dem 1. Oktober des Folgejahres (d.h. für 2015 ab 1.10.2016) Anspruchszinsen in Höhe von jährlich 1,88% verlangt. Ist man sich rechtzeitig über die potentielle Nachzahllung im Klaren, so ist eine Einzahlung möglich, noch bevor die korrespondierenden Zinsen schlagend werden.
Neben der Bildung von Steuer- und Sozialversicherungsrücklagen, der Ausschöpfung des Gewinnfreibetrages und der Vermeidung von Anspruchszinsen, ist eine Planungsrechnung vor allem auch die Grundlage für eine zielgerichtete Gewinnregulierung. Je nach Ertragslage leiten sich daraus folgende Gestaltungsmaßnahmen ab:

Gewinnregulierung in starken Jahren

Hier gilt es, die nahende Einkommensteuernachzahlung für das ablaufende Jahr möglichst gering zu halten, indem Gewinne in das nächste Jahr verschoben werden. Dies ist insbesondere dann interessant, wenn akuter höherer Geldbedarf besteht z.B. für Hausbau oder dergleichen. Oft liegt der Nutzen aber auch einfach darin, die Liquidität bei stark steigenden Umsätzen so lange wie möglich für weitere Investitionsprojekte im Unternehmen zu halten.

Das Ergebnis ist ein wesentliches Liquiditätsplus, da die Steuern aus den, um mitunter nur wenige Tage verschobenen, Gewinnen ein ganzes Jahr später fällig werden. Gleichzeitig fällt damit auch die Einkommensteuervorauszahlung für das Folgejahr niedriger aus.

Die Technik ist vor allem für Einnahmen-Ausgaben-Rechner ganz einfach:

  • Rechnen Sie die gegen Ende des Jahres so ab, dass die Zahlungseingänge erst im nächsten Jahr erfolgen können Je früher Sie Ihr optimales Verschiebepotential kennen, desto effektiver können Sie hier vorgehen.
  • Bezahlen Sie alle offenen Eingangsrechnungen noch im alten Jahr.
  • Decken Sie sich gegen Jahresende umfassend mit Vorräten aller Art ein.
  • Ziehen Sie alle anstehenden Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten noch ins alte Jahr.
  • Leisten Sie für bereits erteilte Aufträge gegen Jahresende Anzahlungen.
  • Ebenso möglich sind Vorauszahlungen auf künftige Lieferungen und Leistungen.
  • Ziehen Sie für Anfang nächstes Jahr geplante Fortbildungsmaßnahmen vor etc..

Für Spitzensteuerzahler mit einem Höchststeuersatz von 50% bedeutet eine gekonnte Verschiebung von z.B. € 30.000,- eine Steuerstundung von bis zu € 15.000,-. Aber auch bei niedriger Gewinnerwartung sind einige Tausender drinnen:

Gewinnregulierung in schwachen Jahren

Da wir in Österreich einen progressiven Steuertarif haben, ist der Steuersatz von der Gewinnhöhe abhängig. Lässt man den Dingen freien Lauf, so kann es gerade in den Anlaufjahren leicht passieren, dass die unteren Progressionsstufen leer bleiben und so verpuffen. Gelingt es nun, Einkommensteile der Folgejahre vorzuziehen, so können die unteren Progressionsstufen aufgefüllt und genützt werden. Wie das folgende Beispiel zeigt, kann dies Tausende von Euros bringen:

Beispiel: Praxiseröffnung am 1. September 2016

Einnahmen 09 – 12 / 2016                                                            60.000 €

– Ausgaben (inkl. Abschreibung, Gewinnfreibetrag etc.)       59.000 €

Gewinn                                                                                                1.000 €

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Steuer lt. Tarif                                                                               0 €

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Die Steuerpflicht beginnt erst ab € 11.000 Euro. In obigem Beispiel ginge dieser steuerfreie Betrag verloren! Werden nun Einnahmen in Höhe von 10.000 Euro vorgezogen, ergibt sich dadurch für das Eröffnungsjahr immer noch keine Einkommensteuer. Im Folgejahr vermindert sich der Gewinnausweis dadurch aber um diese 10.000. Bei einer angenommenen Progression von 48% (bei Einkünften zwischen 60.000 bis 90.000 Euro) bedeutet dies im Folgejahr eine Steuerersparnis von 4.800 Euro!

Tipp: Noch vorteilhafter ist es, eine wesentlich höhere Summe, z.B. 25.000 Euro zu verlagern. Gelingt es z.B. heuer aus einem voraussichtlichen Nullergebnis einen Gewinn von 25.000 Euro zu machen, so fallen heuer zwar 4.200 Euro an Steuern an, im Folgejahr führt dies aber bei der angenommenen Progression von 48% zu einer Steuerersparnis von 12.000. Unter dem Strich haben Sie damit 7.800 Euro lukriert.